Drama - Lama

In der Vorbereitung unseres Online Seminars „Wunder“ tauchen Steve und ich immer wieder in inspirierende Tiefen ein und im Gespräch werden mir eigene Entwicklungen und Themen bewusst. Ich habe mich an meine wunderbare erste NLP - Ausbildung mit Anfang zwanzig erinnert, dort habe ich angefangen über Begriffe wie „Intensität“ und „Drama“ nachzudenken. Ich habe damals gedacht, ein bisschen Dramatik macht das Leben intensiver und man spürt sich dabei mehr. Türenknallend aus dem Zimmer zu rauschen oder zu glauben sterben zu müssen, wenn eine bestimmte Person mich verlässt, das gehörte für mich zum Ausdruck meiner Gefühle - und noch mehr, ich war davon überzeugt, sie erst dadurch wirklich zu fühlen. Für mich spürten sich so die „großen Gefühle“an. Und dann kam das Leben auf leisen Sohlen und holte mich ein.

Immer wieder fand ich mich in kleinen und unbedeutenden Momenten wieder, in denen sich die Heiligkeit wie vielfache Flügel rund um mich entfaltete: Äpfel schneiden für die Kinder, ein Augenkontakt mit einer Unbekannten auf der Straße, am Morgen die Vorhänge aufziehen… Die Bedeutung verdichtete sich ohne jede Vorwarnung und die Handbewegung wurde zu einer Geste, die Tat zu einem Ritual, die Situation dehnte sich aus und füllte sich mit Dankbarkeit, mit Liebe, mit Intensität. Es war undramatisch und intensiv, nicht gefährlich prall gefüllt, sondern unendlich tief gesättigt.  

Ich nahm das Drama wie einen aufschäumenden Strom war, der mich mitreißt und auch zu Handlungen bringt, mit denen ich nicht immer einverstanden bin. Und ich begann wahrzunehmen, dass ich im Drama weniger spüre, weiter außen agiere, weniger bei mir bin, außer mir bin. Ich ahnte, dass Drama mehr der Ausdruck meiner Angst vor den Gefühlen ist, als der Ausdruck dessen, was ich fühle. Das passte mir gar nicht in mein Konzept vom Drama, das mein Leben bereichert.

Irgendwann, als ich wieder mal das Gefühl hatte verlassen zu werden und zu sterben, beschloss ich dieses Mal den Schmerz zu fühlen, ich gab meine Flucht ins Drama auf. Der Schmerz kam in Wellen und ging auch wieder, wie Wehen, wie eine Geburt, manchmal weinte ich und schluchzte, manchmal rollten die Wellen still durch mich hindurch. Es tat weh, aber ich lebte weiter. Kein Strom riss mich mit, ich war bei mir, ich schwankte ein bisschen, aber ich blieb bei mir. Ich verbot mir selbst, Gedanken und Zweifel an den Schmerz zu knüpfen („Warum passiert mir das schon wieder? Ich bin eben nicht liebenswert genug!“), ich wollte ihn nur fühlen, sonst nichts. Die Schmerzwellen wurden seltener und nach ein paar Tage versiegten sie ganz. Ich war verblüfft und zugleich fühlte ich mich befreit.

Dramatik ist also meiner Erfahrung nach das Gegenteil von intensivem Fühlen und doch versuche ich immer wieder mich wortreich und mit guten Argumenten an meinen Gefühlen vorbeizuschmuggeln. Ich muss mich immer wieder daran erinnern, mich auf mein Leben einzulassen, darauf, was ich jetzt spüre, auf die Person, der ich in diesem Moment begegne, auf das, was gerade da ist, auf mich.